Brief an die PDS

...(hier folgen zunächst ein paar persönliche Worte an die Angesprochene, in diesem Fall Frau Sahra Wagenknecht, anläßlich eines Interviews mit Günter Gauss)...

Alle, die mit einigermaßen Menschenverstand ausgerüstet sind, müssen jeden Tag sehenden Auges erleben, wie diese sogenannte "soziale" Marktwirtschaft, die nach dem Ende der DDR nur noch dem Namen nach, inhaltlich aber schon lange nicht mehr existiert, successive gegen den Baum gefahren wird und keiner will wirklich etwas dagegen unternehmen.
Und was hat nun der Untergang der DDR damit zu tun?
Seit dem es keine Alternative in der Gestaltung von Gesellschaftssystemen mehr gibt, ist auch die Konkurenzsituation dieser nicht mehr vorhanden (Kuba und Nordkorea ist kaum noch als solche anzuerkennen).
Die Binsenweisheit des Kapitalismus, daß Konkurrenz das Geschäft belebt, trifft natürlich im übertragenen Sinne auch für Gesellschaftssysteme zu. Ist keine Konkurenz mehr da, können die Herrschenden machen was sie wollen, das Volk hat ja keine Alternative. Besonders schlimm an der Sache ist, daß sich dazu die SPD als (ehemalige) Arbeiterpartei vor den Karren spannen läßt. Wem das Wohl und Wehe der großen (Auto-) Konzerne wichtiger ist, als die Mehrheit der Bevölkerung, - und Millionen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger sind nun wirklich keine zu vernachlässigende Minderheit - der hat sich von der Vertretung grundlegender Interessen der Mehrheit des Volkes schon sehr weit entfernt. Das trifft genauso auf die andere "Volks"-Partei CDU zu, nur daß es hier noch mit dem bürgerlichen Ursprung erklärbar ist.
Wo aber steht jetzt die PDS? Müßte sie nicht gerade jetzt, nachdem die Bundesregierung den sozialpolitischen Kahlschlag verordnet hat, ihre Chance sehen, wieder mehr politischen Einfluß zu gewinnen? Natürlich braucht man dazu "Zugpferde" mit Kämpfernatur. Ein Herr Gysi war mit seiner brillianten Rhethorik zwar ein Zugpferd, aber eine Kämpfernatur wohl eher nicht. Bei ihm war die private Geldbörse wohl auch wichtiger als idielle Grundsätze.
Der PDS fehlt eine "Führerpersönlichkeit" (leider ist dieser Terminus historisch belastet), die die Massen aufrütteln und begeistern kann. Schließlich ist die Mehrheit der Wähler die der Nichtwähler, weil diese in der öffentlichen Meinungsbildung der bestehenden Parteienlandschaft nicht mehr die Lösung der anstehenden Probleme sehen.
Wo sind denn die neuen Liebknechts, Luxemburgs, Thälmanns, Zetkins oder meinethalben auch Lenins?
Natürlich ist es schwer gegen den Club der "Dauertalker" in den Talkshows des öffentlich-rechtlichen Fernsehens anzugehen, bei Christiansens, Maibret, Maischberger und wie die Clique der Medienbeherrscher noch heißen mögen. Den Teilnehmern geht es dort nur um ihre eigene Selbstdarstellung und nicht um eine redliche Diskussion zur Lösung von Problemen. Von den niveaulosen Talkshows der Privaten will ich hier gar nicht reden. Die dienen nur zur reinen Volksbelustigung, oder sollte man besser Volksverdummung darunter verstehen - Hauptsache die Werbeeinnahmen stimmen! Mir ist völlig schleierhaft, wie beschränkt Leute sein müssen, die sich dort hinsetzen, solchen Blödsinn erzählen, oder über sich ergehen lassen und dann vielleicht noch Eintritt dafür bezahlen!
Apopro Fernsehen: Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen wie "kriminell" das Programm geworden ist, Krimmis, Fußball und Geldgewinn-Shows dominieren alle Programmangebote, als ob es keine anderen, lebenswichtigere Themen gäbe.
Doch nun zurück zum eigentlichen Thema Wirtschaftspolitik. Da sich der realexistierende Kapialismus nunmal leider nicht mehr wegdiskutieren läßt, erhebt sich die Frage, wie soll diese Gesellschaft in Zukunft gestaltet werden, damit nicht nur die Reichen und Mächtigen noch reicher werden und der Rest des Volkes sehen muß, wo es bleibt, sondern eine gesunde Entwicklung unter Beteiligung der Mehrheit des Volkes stattfinden kann.
Getreu dem Grundsatz des Kapitalismus alles mit Geld regeln zu können, muß dies auch der Staat tun. Wer Arbeitnehmer entläßt, weil sich damit mit weniger Kosten ein besserer Gewinn erzielen läßt, muß mit höheren Steuern bestraft werden, weil er den Staat belastet. Umgedeht natürlich ebenso, wer Arbeitnehmer einstellt, obwohl die Arbeit z.B. auch Roboter erledigen könnten, wird steuerlich entlastet. Schließlich entlastet er damit den Staat.
Herr Gysi hatte mit dem Vorschlag einer Steuer auf die Wertschöpfung bei Unternehmen mal eine sehr interessante Idee zur Umgestaltung des Steuersystems zur Diskussion gestellt. So würden z.B. die Wasch-, Lebensmittel- und Kosmetik-Konzerne, die mit einem Minimum an Beschäftigten durch vollautomatische Produktionsanlagen riesige Gewinne einfahren, steuerlich höher belastet, als z.B. Firmen, die mit hohem manuellen Aufwand Produkte herstellen. Aus den o.g. Gründen gibt es jedoch letztere kaum noch!
Leider wurden von der PDS diese Ideen wohl nicht mehr weiterentwickelt.
Auf der anderen Seite kann es auch nicht sein, daß die Gewerkschaften immer höhere Lohnforderungen stellen, ohne dabei die Folgen der damit verstärkten Arbeitslosigkeit zu beachten. Es ist sicher schön für die Weiterbeschäftigten mehr Geld zu verdienen, aber wie ist es dabei mit der Solidarität mit den dann Entlassenen, oder den schon Arbeitslosen bestellt?
Auch hier muss die Folge die sein, daß höhere Löhne auf Kosten größerer Arbeitslosenzahlen mit einer Erhöhung des Arbeitslosenbeitrages einhergehen, damit die zusätzliche Belastung des Staates kompensiert wird, bzw. bereits im Vorfeld die Lohnverhandlungen so gestaltet werden, daß es zu keinen Entlassungen kommen kann.
Einkommenssteuer muß dort erhoben werden, wo das Einkommen erzielt wird. Dann ist es auch nicht mehr möglich, einfach durch Verlegung des Wohnsitzes ins steuerfreundliche Ausland in Deutschland keine Steuern mehr bezahlen zu müssen.
Ein ganz großes Problem mit sehr weitreichenden Folgen ist hierzulande die Möglichkeit der Verrechnung von entgangenen Mieteinnahmen mit den tatsächlich erzielten Einnahmen. Wenn hierbei, so wie es z.B. in Holland üblich ist, egal ob tatsächlich Einnahmen erzielt werden oder nicht, Steuern auf das Mietobjekt anfallen, dann werden auch ganz schnell bei dem heutzutage vorliegendem regionalbedingt hohen Leerstand insbesondere bei den Gewerbeobjekten die Mietpreise sich wieder auf ein Niveau absenken, welches die Ansiedelung oder Neugründung von Firmen sehr erleichtern würde.
Noch ein Gedanke zur Gesundheitspolitik.
Die herrschende Misere hat zwar auch mit den ständig steigenden Kosten zu tun, aber ständig weniger werdende Einnahmen, weil stets weniger Arbeitnehmer vorhanden sind, die die Hauptlast der Krankenkassenbeiträge leisten, sind wohl die Hauptursache. Bislang war eine Kostenkontrolle durch den (Kassen-)Patienten nicht möglich, somit die Kosten auch nicht beeinflußbar. Auch von der PDS wurde bisher jahrelang die allumfassend datentragende Chipkarte aus fadenscheinigen "Datenschutzgründen" verhindert. Im datenelektronischem Zeitalter sollte damit die Direktabrechnung mit der jeweiligen Krankenkasse ohne kostenträchtige Zwischenschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen stattfinden. Diese könnten zwar immer noch als Interessenverband die Tarifverhandlungen mit den Krankenkassen führen, aber dann nicht auf Kosten der Krankenkassenbeitragszahler, sondern wie bei jedem anderen Interessenverband aus den Mitgliedsbeiträgen der Ärzte.
Zum Schluß noch etwas zum leidigen Thema Rente.
Daß die demografische Entwicklung in Deutschland mehr in Richtung älterer Menschen geht, weil angeblich aus egoistischen Gründen immer weniger Kinder geboren werden, ist m.E. nur die halbe Wahrheit. Natürlich sind Kinder ein teures Unterfangen, aber welch verantwortungsvolles Paar oder gar Mutter ohne Partner setzt heute ein Kind in eine Welt ohne Perspektive, weder auf eine geregelte Ausbildung, noch im beruflichen Leben. In der heutigen Spassgesellschaft werden halt viel weniger Leute als früher gebraucht, um die Wirtschaft am Laufen zu halten - es sei denn zum konsumieren, aber dazu braucht man Geld, viel Geld, was wiederum ohne einen gut bezahlten Job auf legalem Wege nicht zu bekommen ist.
Auf der anderen Seite werden teilweise Renten gezahlt, die von den Rentnern in der Höhe gar nicht verbraucht werden können, die Rente ist teilweise durch die jahrelange "prozentuale Anpassung" bereits höher, als das jemals erzielte Einkommen. Welch Absurdität! Natürlich müssen die jährlichen Preissteigerungen (warum muß es die eigentlich geben?) ausgeglichen werden, um den gewohnten Lebensstandard zu halten, aber wieso hat ein Rentner Anspruch auf den jährlichen Lohnsteigerungsindex? Alle diese Geburtsfehler in der gesetzlichen Rente führen unvermeidlich zum Crash, von den unlösbaren Problemen mit den Pensionen der Staatsbediensteten mal ganz abgesehen.


...(hier folgen dann noch weitere persönlich Anmerkungen an Frau Wagenknecht einschließlich der Schluß- und Grußformel)





Copyright © 2004 by Peter Salomon. Letze Änderung am 10.09.2004